wolfgang tillmans
bali
16. februar bis 6. mai 2007
Zum ersten Mal seit fünf Jahren zeigt Turner Prize-Träger Wolfgang Tillmans wieder Arbeiten in einer institutionellen Einzelausstellung in Deutschland. Die kestnergesellschaft präsentiert zwei neue Tendenzen seiner künstlerischen Tätigkeit. Zeitgleich erscheint sein bisher umfangreichstes Buchprojekt, das Künstlerbuch Manual, das auf über 400 farbigen Seiten seine neuesten Arbeiten und ausgewähltes Archivmaterial beinhaltet.
In Halle III wird die Tischinstallation Truth Study Centre vorgestellt, die 2005 in kleineren Varianten erstmals in London und 2006 in den USA sowie in Helsinki realisiert wurden, aber in Deutschland unbekannt sind. Die rechtwinklig angelegten Tische bergen Fotografien und weitere Materialien wie Fotokopien, Texte und Broschüren, die sich lose um politische Themengebiete drehen als auch einen persönlichen Wahrnehmungsradius widerspiegeln. Die Arbeiten stellen einen wesentlichen Bestandteil des Repertoires von Wolfgang Tillmans dar und können als Zitate seines Oeuvres gelesen werden.
In Halle IV wird eine Komposition großformatiger Bilder gezeigt, die als gerahmte C-Prints teils aus S/W-Kopien hervorgehen, teils herkömmliche Abzüge aber auch Abstraktionen sind und trotz unterschiedlicher Prinzipien eine verblüffende Einheit bilden. Letztere ent-stehen im direkten Entwicklungsverfahren, ohne Kamera, durch Einwirkung auf das Fotopapier. Die daraus hervorgehenden Farbfelder und filigranen Muster der poetisch anmutenden Arbeiten lassen Raum für die Fantasie des Betrachters. Die figurativen Bilder hingegen wirken oft wie Momentaufnahmen, sind jedoch häufig arrangiert und stets wohlüberlegt.
Wolfgang Tillmans (*1968, Remscheid) lebt und arbeitet seit 15 Jahren in London. Nach seinen unkonventionellen Anfängen mit S/W-Kopien und Vergrößerungen von unterschiedlichstem Bildmaterial und -details entwickelte er neue Bildsprachen und Präsentationsformen. Die gerne als "planetarisch" beschriebene Anordnung, in der Wolfgang Tillmans die Fotografien in verschiedenen Formaten an die Wand pinnt und hängt, findet sich in den Räumen annähernd wieder und funktioniert auch hier als assoziatives Bezugssystem. Mit dieser Gliederung schaffte er seinerzeit ein überzeugendes "Gegenprogramm" zur vorherrschenden Becher-Tradition und prägte maßgeblich die Ästhetik der 90er Jahre. Auch heute noch engagiert sich Wolfgang Tillmans mit seiner Fotografie in diversen Kontexten – sein Spektrum reicht von der Arbeit mit HIV-Organisationen über Portraits für Magazine bis hin zu Künstlerbüchern und permanenten Ausstellungen.