Weitere Infos beim Spiegel
FOTOSCHAU "SPECTACULAR CITY"
Im Sog der Metropole
Von Nicola Kuhrt
Der moderne Städtebau kommt längst nicht mehr ohne sein eigenes Abbild aus: Eine Ausstellung in Düsseldorf zeigt erstmals eine Bestandsaufnahme der Visionen der weltbesten Architekturfotografen - urbane Welten, angesiedelt irgendwo zwischen Wirklichkeit und Montage.
Der weiße Wohnkoloss überragt alles. Die kleine Suppenküche an der Straßenecke verschwindet fast vollends unter den unzähligen Etagen, die sich bis ins Unendliche fortsetzen. Die Perspektive ist atemberaubend, aber gibt es das bauliche Wunderwerk, das Francesco Jodice 2003 in Bangkok eingefangen hat, so auch in Wirklichkeit? Unwichtig, denn wie sich die Stadt vom reinen Wohnraum zum Ort der Inszenierung und des Konsums gewandelt hat, so hat auch die Fotografie das Stadium der reinen Dokumentation längst verlassen. Mit ihren Bildern wollen Fotografen wie Jodice das Wesen des urbanen Raums erfassen, analysieren - und manches Mal auch manipulieren.
Architekturfotografie: Städtebau mal anders
Fotostrecke starten: Klicken Sie auf ein Bild (9 Bilder)
Dass der Mensch Städte nicht nur bauen, sondern ihre Realität auch beeinflussen kann, wissen Fotografen wie Architekten. So wie Frank Gehrys Guggenheim Museum in Bilbao dank spektakulärer Aufnahmen zum Publikumsmagnet wurde, achten auch Rem Koolhaas oder Herzog und de Meuron stets auf die fotogene Seite ihrer Bauwerke: Auf das Bild im Hochglanz-Prospekt kommt es an, es wird das sein, das die meisten Betrachter von dem Gebäude haben werden. Der Blickwinkel muss stimmen, das Licht perfekt sein - störende Straßenlaternen werden einfach wegretuschiert.
Städte als Montage
Fotografien als Bild gewordene Visionen der Architekten: Das ist eine Entwicklung, die das künstlerische Interesse an der Stadt in den letzten Jahren noch verstärkt hat. Ein Meister im Spiel mit baulicher Wirklichkeit ist Andreas Gursky. Seine großformatigen Arbeiten sind denn auch der folgerichtige Einstieg in "Spectacular City", eine Ausstellung, die vom niederländischen Architektur-Institut NAI in Rotterdam zusammengestellt wurde.
Mittels scheinbar unmöglicher Kamerawinkel und digitaler Montagen versteht Gursky es, erstaunliche und zugleich stilbildende Porträts der zeitgenössischen Stadt zu zeichnen. Erst beim zweiten Hinsehen entdeckt der Betrachter etwa in "Sao Paolo Sé" (2002) Hunderte von Menschen an übereinander laufenden Bahngleisen. Der Blick auf die Massen ist distanziert, die Farben trübe. Die Anonymität des eigentlich so belebten Ortes mitten in der Gesellschaft wird deutlich.
Bernd und Hilla Becher, dessen Student Gursky an der Düsseldorfer Kunstakademie war, inspirierten mit ihren präzise porträtierten Industriebauten mehrere Generationen von Studenten, sich intensiv mit dem urbanen Umfeld auseinander zu setzen. So auch Gursky, der allerdings nicht auf reine Dokumentation setzt. Für ihn schafft die digitale Bild-Nachbearbeitung eine "angemessene Übertreibung", die das Authentische sichtbar macht. Wie Thomas Struth und Thomas Ruff, ebenfalls Becher-Schüler und in "Spectacular City" vertreten, ist er längst selbst ein Impulsgeber für die Experimente der vergangenen Jahre geworden.
Fotografierte Playmobil-Welten
Spektakulär macht die Stadt ihre Wandelbarkeit. Der Fotograf kann seinen Blick auf die Welt projizieren, die Aufmerksamkeit auf Dinge lenken, die ihm wichtig erscheinen. Die Ansätze der Künstler sind dabei so vielfältig wie noch nie.
Wie ein Archäologe untersucht der Japaner Naoya Hatakeyama die urbane Welt, sowohl aus der Luft als auch in der Tiefe der Kanalisation. Die Düsseldorfer Schau zeigt "Details" (1989-1997), das Panorama einer großen, nicht näher benannten Metropole. Unzählige Dächer und Hochhausspitzen, getaucht in das funkelnde Licht von Millionen künstlich beleuchteter Wohnungen, lassen das Wesen der Metropole erahnen. Fassen lässt sie sich dennoch nicht.
Einen verspielten Blick auf Stadt bietet Olivo Barbieri. In der Serie "Site Specific" (2005) fotografiert er deren Silhouetten aus dem Hubschrauber, dabei verstößt er bewusst gegen Regeln der Fokussierung. Die Scharfstellfunktion macht nur einen Ausschnitt des Panoramas klar erkennbar, die entstehenden Tafelbilder erinnern an Aufnahmen von Architekturmodellen - fotografierte Playmobil-Welten. Städte wie Las Vegas verschwimmen vor unseren Augen, ihre Künstlichkeit wird klar erkennbar.
....
Ihr möchtet weiter lesen, dann klickt auf den Link.
Der Text ist zu lang
--------------------------------------------------------------------------------
"Spectacular City", NRW-Forum, Düsseldorf, bis 6. Mai 2007
Quelle:
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,462535,00.html